„Beten – heißt sich lieben lassen.“
Evangelischer Rundfunkgottesdienst am 21. Sonntag nach Trinitatis (20. Oktober 2024) ab 10.05 Uhr aus der Evangelisch-methodistischen Kirche, Zionsgemeinde in Nürnberg.
Seit 40 Jahren wird im Gottesdienstraum der evangelisch-methodistischen Zionsgemeinde in Nürnberg gebetet. Manchmal leise im Herzen, immer wieder laut in Gottesdiensten und Gemeindeveranstaltungen. So wie man das in einem Kirchengebäude auch erwartet.
Aber was bedeutet es denn, allezeit zu beten? Braucht es dafür eine besondere Fähigkeit oder kann das jede und jeder so wie das Atmen, das wir auch ganz selbstverständlich einfach tun?
„Beten – heißt sich lieben lassen!“ davon ist Pastorin Birgitta Hetzner überzeugt und das ist vielleicht auch der Grund, warum der Apostel Paulus im 1. Thessalonicher 5, 17 empfiehlt: „Betet ohne Unterlass!“
Das Beten steht im Mittelpunkt am 20. Oktober 2024 im Gottesdienst und ihre Erfahrungen mit dem Beten teilen Susanne Bader, Gudrun Simon, Bernd Held, Heiko Müller und Pastor Robert Hoffmann.
Die musikalische Begleitung haben Simon Sendler und Shayan Javad.
Die evangelisch-methodistischen Zionsgemeinde ist eine internationale Gemeinde und sie feiert diesen Gottesdienst mit den ihnen benachbarten, evangelisch-methodistischen Gemeinden. Eine große Internationalität zeichnet die weltweiten evangelisch-methodistischen Gemeinden aus. Und dabei stehen sie ganz in der Tradition ihres Kirchenvaters John Wesley. Er und sein Bruder Charles standen im 18. Jahrhundert am Anfang einer Erweckungsbewegung, die von England aus um die Welt ging. Ihr Motto: „Not erkennen und handeln.“ Ein Ausfluss davon sind die „Sozialen Grundsätze“, die weltweit ein Bekenntnis, eine Selbstverpflichtung der Evangelisch-methodistischen Kirche sind.
Links:
EmK in Deutschland
www.emk.de
Soziale Grundsätze
https://www.emk.de/fileadmin/kirche/soziale-grundsaetze-2018.pdf
Evangelisch-methodistische Kirche – Zionsgemeinde Nürnberg
https://zionsgemein.de/
Predigtwunsch: Wie ist das mit der Wiedergeburt?
Hier ist die erste Wunschpredigt. Gehalten am 28. Januar 2024 – Es gilt das gesprochene Wort:
Predigt (es gilt das gesprochene Wort) Birgitta Hetzner
Johannes 3,1-8 (BasisBibel)
1Unter den Pharisäern gab es einen, der Nikodemus hieß. Er war einer der führenden Männer des jüdischen Volkes. 2 Eines Nachts ging er zu Jesus und sagte zu ihm: »Rabbi, wir wissen: Du bist ein Lehrer, den Gott uns geschickt hat. Denn keiner kann solche Zeichen tun, wie du sie vollbringst, wenn Gott nicht mit ihm ist.« 3 Jesus antwortete: »Amen, amen, das sage ich dir: Nur wenn jemand neu geboren wird, kann er das Reich Gottes sehen.« 4 Darauf sagte Nikodemus zu ihm: »Wie kann denn ein Mensch geboren werden, der schon alt ist? Man kann doch nicht in den Mutterleib zurückkehren und ein zweites Mal geboren werden!« 5 Jesus antwortete: »Amen, amen, das sage ich dir: Nur wenn jemand aus Wasser und Geist geboren wird, kann er in das Reich Gottes hineinkommen. 6 Was von Menschen geboren wird, ist ein Menschenkind. Was vom Geist geboren wird, ist ein Kind des Geistes. 7 Wundere dich also nicht, dass ich dir gesagt habe: ›Ihr müsst von oben her neu geboren werden.‹ 8 Auch der Wind weht, wo er will. Du hörst sein Rauschen. Aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er geht. Genauso ist es mit jedem, der vom Geist geboren wird.«
Liebe Gemeinde,
Wiedergeboren! Wie ist das mit der Wiedergeburt? So war die Frage, die mir gestellt wurde. Wie sollen wir das verstehen?
Nikodemus, ein sehr gelehrter Mann zur Zeit Jesu versteht es jedenfalls erst mal nicht. Er ist mit seiner Frage und seiner Suche nach einem tieferen Glauben zu Jesus gekommen. Er will es wissen. Und er gibt sich nicht mit dem zufrieden, was er vorfindet und was bisher ist. Nikodemus ist ein guter Beobachter. Er hat sehr genau verfolgt, was es mit diesem Jesus auf sich hat. Und er ist ein sehr religiöser Mensch. Und was er sieht und was er schon bisher glaubt, lässt ihn zu dem Schluss kommen, dass Jesus ebenfalls ein besonderer Mensch ist. Und Jesus spürt die Sehnsucht in Nikodemus. Deshalb spricht er die spirituelle Seite in Nikodemus an. Jesus will Nikodemus von seinen Beobachtungen zu einer Offenheit auf das Geheimnis Gottes führen. Letztendlich ist es die Frage, wie Leben gelingen, heil und ganz werden kann. Das ist die eigentliche Frage, die Nikodemus umtreibt. Wie kann Leben gelingen? Wie wird es heil und ganz? Jesus stellt die Behauptung auf, dass das nur so geht: »Amen, amen, das sage ich dir: Nur wenn jemand neu geboren wird, kann er das Reich Gottes sehen.«
Von neuem geboren werden? Wiedergeburt? Nikodemus versteht die Welt nicht. Wie soll das gehen? Das griechische Wort, das hier verwendet wird (anothen) hat eine doppelte Bedeutung. Es kann mit „neuem“ oder mit „oben“ übersetzt werden. Und es ist sicher sehr bewusst gewählt. Was bedeutet es also, wenn wir mit Nikodemus eingeladen werden, von „neuem“ bzw. „von oben“ geboren zu werden, damit wir das Reich Gottes schauen können?
Schauen wir kurz in die Geschichte der Wiedergeburt: Im ersten Jahrhundert nach ‚Christus hatte die Mysterienreligion ihre Hochzeit. Sie kennt ebenfalls das Motiv der Wiedergeburt. Das Mithrasheiligtum, das man heute noch unter der römischen Basilika San Clemente betrachten kann, zeigt uns deutlich, wie diese Wiedergeburt verstanden wurde. Der Myste, also der Mensch, der dieser Glaubensrichtung beitreten wollte, stieg in die Grube hinab und wurde mit dem Blut eine Stieres besprengt. Dadurch wurde er von allen Sünden gereinigt. Er starb der Welt und durfte erneuert, gottgleich, aus der Grube emporsteigen. Auch die Gnosis, eine zu dieser Zeit ebenfalls weit verbreitete Glaubensrichtung, kennt das Thema Wiedergeburt. Eigentlich ist es ein Bild für den inneren Weg des Menschen zu seinem wahren selbst, und dieser Prozess verläuft bei jedem Menschen unterschiedlich. Das Ziel ist immer das gleiche: Das Ich als falsche Mitte der Persönlichkeit wird durch eine neue, echte Mitte ersetzt.
Nikodemus versteht das nicht, weil er sozusagen am Buchstaben der Schrift hängt. Jesus weist ihn auf eine tiefere, die spirituelle Dimension hin: „Was von Menschen geboren wird, ist ein Menschenkind. Was vom Geist geboren wird, ist ein Kind des Geistes.“ Johannes geht es um das Woher des Menschen. Wir sind als Menschen körperliche Wesen, aber als Geschöpfe Gottes auch spirituelle Wesen. Wie kann nun der spirituelle Mensch in uns geboren werden? Wiedergeboren zu werden bedeutet also ein spirituelles Erwachen zur Wirklichkeit: meine Augen öffnen sich. Ich verstehe die Welt und mich selbst auf neue Weise. Das spirituelle Geborenwerden befähigt den Menschen, die Anwesenheit der Ewigkeit in der Zeit zu sehen, das Ende in der Geschichte, das Göttliche selbst im menschlichen Fleisch Christi.
Bei dem Wort „Wiedergeburt“ denken heute viele an Reinkarnation, an eine neue Art des Daseins nach dem Tod. Oder an das ständige immer wieder auf die Welt kommen, bis die Seele ihre Aufgabe erfüllt hat. Aber das ist hier nicht gemeint. Dieser Gedanke ist dem Christentum fremd. Denn er gilt ja eben nicht, einen Plan hier auf der Welt abzuarbeiten, bis sich die Seele selbst erlöst hat. Und auch nicht um einen ewigen Kreislauf. Jede und jeder ist ein ganz einmaliges Geschöpf Gottes, das so einzigartig ist und deshalb auch nicht in einer anderen Form wieder auf die Welt kommt. Was hier in unserem Bibeltext beschrieben ist, meint: Du Menschenkind, bist von Gott geschaffen, einmalig und besonders. Das gilt für jeden Menschen. Wer also nun mit dem tiefsten Grund seines Seins in Berührung kommt, mit dem wahren Ursprung in Gott, der lebt heil und ganz. Wiedergeburt beschreibt nicht eine moralische Besserung des Menschen, sondern das in Berührung kommen mit seinem wahren Ursprung in Gott. Wir verstehen unser Leben nur dann ganz, wenn wir aus Gott leben. Jesus benutzt dafür eine Rätselwort. Er weist auf das Geheimnis des Pneumas hin, das im Griechischen zugleich Geist und Wind bedeutet. „Auch der Wind weht, wo er will. Du hörst sein Rauschen. Aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er geht. Genauso ist es mit jedem, der vom Geist geboren wird.“ Genauso unbegreiflich und geheimnisvoll wie der Wind ist auch die Wiedergeburt. Den Wind kann man nicht festhalten und in den Griff bekommen. Genauso wenig kann man das Geheimnis der Wiedergeburt in den Griff bekommen. Und dennoch zeigt es sich in seiner Wirkung. Der aus Gott Geborene verhält sich anders. Er strahlt etwas anderes aus: Er ist frei. Er ist lebendig. Das Leben strömt in ihm. Ich kann es mit irdischen Begriffen nicht beschreiben, genauso wenig wie ich den Wind an sich erkennen kann. Aber ich kann die Wirkung des Windes beschreiben. Um das Geheimnis meines Spirituellen selbst zu wissen, befreit mich vom Kreisen um Vordergründiges. Die großen Fragen des Lebens: Wo komme ich her? Wo gehe ich hin? Bin ich alleine auf dieser Welt? (Frage nach der Einsamkeit) Wodurch bin ich ‚Ich‘? Wem gehört die Erde? Warum soll man gut handeln? Was ist gerecht? Bin ich für meine Handlungen verantwortlich? kann ich aus mir heraus nicht beantworten. Aber allein schon diese Fragen zu stellen und ihnen nachzugehen, ist der Anfang einer spirituellen Reise – oder mit Johannes gesprochen „Die Geburt von oben / von neuem“.
Das klingt jetzt alles sehr theoretisch – was bedeutet das für unser Leben heute? Ich glaube, das Bild der Geburt kann uns da eine gute Hilfe sein. Wir können sehr theoretisch über Geburt / geboren werden / gebären reden. Aber welche Kraft und welche Dynamik dahinter steht , werden wir nur entdecken, wenn wir gebären oder wenn wir ganz nahe bei einer Geburt dabei sind. Als wir geboren wurden, haben wir uns nicht vorher lange damit beschäftigt, wie das wohl gehen wird, was alles passieren kann und soll… wir wurden geboren. Wir haben es lediglich zugelassen, dass wir, durch die Kraft der Mutter, in dieses Leben hinausbefördert wurden. Seit dem sind wir hier und leben – mal gut, mal weniger gut. Wir feiern den Tag unserer Geburt, weil wir wissen, dass mit diesem Tag unser Leben seinen Anfang auf dieser Welt genommen hat – (gelebt haben wir schon im Bauch der Mutter!). Mit unserer Geburt sind wir Kinder unserer Eltern. Das kann uns niemand nehmen. Das sagt noch nichts darüber aus, wie wir diese Beziehung zu den Eltern gestalten. Wir können sie pflegen, wir können sie schätzen. Wir können uns auch distanzieren und sie verleugnen. Aber wir können sie nicht auslöschen. Wir bleiben Kinder unserer Eltern. Ob wir wollen oder nicht! Wenn Jesus uns also aufruft, von oben – von Gott geboren zu werden, dann können wir uns viele theoretische Gedanken dazu machen. Wir können ähnlich wie Nikodemus viel wissen und beobachten – und bleiben doch in der distanzierten Zone. Wir können aber auch zulassen, dass wir, durch die Kraft des Heiligen Geistes in das Leben mit Gott hineinbefördert werden. Wir sind Kinder Gottes. Und in der Taufe wird uns das noch einmal deutlich zugesagt: Du bist Gottes geliebtes Kind – Sohn / Tochter Gottes. Wenn wir also Gottes Geist in unserem Leben wirken lassen, dann leben wir das, was wir sind. Söhne und Töchter Gottes – Menschen, die aus Gott geboren sind. Und mit jedem Sonntag erinnern wir uns daran und machen uns neu darin wieder fest. Wir leben aus Gott. Eigentlich ist jeder Gottesdienst die Geburtstagsfeier der Wiedergeborenen.
Amen
Predige doch mal meinen Text!
Unter diesem Titel haben wir am 28. Januar eine neue Serie gestartet. In unregelmäßigen Abständen wird Pastorin Birgitta Hetzner Text- bzw. Themenwünsche aufnehmen und den Gottesdienst dazu gestalten. Also gerne her mit euren Wünschen!